Ehe annullieren: Welche Gründe sind in Deutschland anerkannt?

Von Jana O.

Letzte Aktualisierung am: 3. November 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Ratgeber: Ehe annullieren - Welche Gründe sind dafür vorausgesetzt?

Viele Betroffene, die sich von Ihrem Ehepartner wieder trennen wollen, suchen nach Möglichkeiten, Kosten zu sparen. Eine Scheidung ist dabei je nach finanzieller Situation der Eheleute und Umfang des Verfahrens mit teils hohen Kosten verbunden. Eine mögliche Eheannullierung bzw. -aufhebung kann da vergleichsweise günstig sein. Bei der Eheannullierung wird die Rechtmäßigkeit der Eheschließung bestritten. Ausgleichsansprüche wie bei einer Scheidung (z. B. Unterhalt, Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich) ergeben sich daher regelmäßig nicht. Doch welche Gründe sind für die Annullierung einer Ehe ausreichend?

Das Wichtigste in Kürze: Gründe für Eheannullierung

Wann kann ich meine Ehe annullieren lassen?

Die Annullierung bzw. Aufhebung einer geschlossenen Ehe ist nur in wenigen Ausnahmefällen möglich. Hierfür müssen wichtige Gründe vorliegen. Welche dies sein können, erfahren Sie hier. Unter Umständen sind bei der Annullierung auch Fristen einzuhalten.

Kann ich meine Ehe auch aus anderen Gründen annullieren lassen?

Kam die Ehe wirksam zustande, ist eine Annullierung in der Regel nicht mehr möglich. Hier kommt für die Aufhebung zumeist nur eine Scheidung in Betracht.

Kann ich eine kirchlich geschlossene Ehe annullieren lassen?

Ja. Aber auch hier müssen in einem entsprechenden Ehenichtigkeitsverfahren triftige Gründe für die Annullierung genannt werden (Beispiele finden Sie hier). Eine Scheidung ist nicht möglich. Zudem erstreckt sich die Nichtigkeit der kirchlichen Ehe nicht auch auf eine zugleich standesamtlich geschlossene Ehe.

Ehe annullieren ohne triftige Gründe nicht möglich

Gründe, um eine Ehe annullieren zu lassen, vom BGB vorgegeben

Ehe annullieren lassen: Welche Gründe können zur Aufhebung einer Ehe ohne Scheidung führen?
Ehe annullieren lassen: Welche Gründe können zur Aufhebung einer Ehe ohne Scheidung führen?

Das bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bestimmt, unter welchen Voraussetzungen eine Ehe unwirksam ist bzw. gar nicht erst hätte geschlossen werden dürfen. Unter dieser Maßgabe kann dann die Aufhebung der Ehe durch ein Gericht erfolgen. Anerkannte Aufhebungsgründe nennt § 1314 BGB. Diese orientieren sich an den rechtlichen Voraussetzungen, die für eine Eheschließung erfüllt sein müssen.

Demnach können für die Annullierung der Ehe folgende Gründe herangezogen werden:

  1. Eheunmündigkeit (vgl. § 1303 BGB): Einer der Ehegatten war zum Zeitpunkt der Eheschließung noch nicht volljährig.
  2. Geschäftsunfähigkeit (vgl. 1304 BGB): Einer der Ehegatten war zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht geschäftsfähig – zum Beispiel aufgrund des Einflusses von Betäubungsmitteln oder Krankheit.
  3. Polygamie (vgl. § 1306 BGB): Einer der Ehegatten war zum Zeitpunkt der Eheschließung noch mit einer anderen Person verheiratet bzw. verpartnert (eingetragene Lebenspartnerschaft).
  4. Inzest (vgl. 1307 BGB): Die Ehegatten sind in gerader Linie verwandt oder (Halb-)Geschwister.
  5. Ehezeugnis (vgl. § 1311 BGB): Die beiden Ehegatten waren zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht gleichzeitig persönlich anwesend. Eine Aufhebung bei einseitiger oder nachträglicher Scheinehe ist regelmäßig nicht möglich.
  6. Scheinehe (vgl. § 1353 BGB): Beide Ehegatten gingen wissentlich eine Scheinehe ein, wollten also tatsächlich gar keine eheliche Lebensgemeinschaft miteinander begründen.
  7. Geistige Beeinträchtigung: Einer der Ehegatten war zum Zeitpunkt der Eheschließung vorübergehend geistig gestört oder bewusstlos.
  8. Unwissenheit: Einer der Ehegatten wusste zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht, dass es sich um eine solche handelte.
  9. Arglistige Täuschung: Ein Ehegatte wurde arglistig von dem anderen über Sachverhalte getäuscht, bei deren Kenntnis er der Ehe nicht zugestimmt hätte (allerdings nicht bei Täuschung über Vermögensverhältnisse).
  10. Drohung: Einer der Ehegatten ging die Ehe nur aufgrund von Drohungen ein.

Ob das zuständige Gericht die Ehe annullieren und die Gründe anerkennen wird, lässt sich in den genannten Fällen dennoch nicht immer garantieren. Es bedarf der Gesamtschau des jeweiligen Einzelfalls und der Umstände der Eheschließung und Ehe.

Im Übrigen: Hat die beidseitig geschlossene Scheinehe die Erwirkung eines Aufenthaltstitels für einen der Ehegatten zum Ziel, kann eine Straftat erfüllt sein. Nach § 95 Abs. 2. Nr. 2 Aufenthaltsgesetz können beide Eheleute bei Aufdeckung mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren belegt werden. Die genaue Motivlage (Freundschaftsdienst, monetärer Ausgleich u. a.) ist dabei unerheblich.

Eine kirchliche Ehe annullieren: Welche Gründe akzeptiert die Kirche?

Kirchliche Ehe annullieren: Die Gründe sind denen der Aufhebung einer standesamtlichen Heirat ähnlich.
Kirchliche Ehe annullieren: Die Gründe sind denen der Aufhebung einer standesamtlichen Heirat ähnlich.

Ehen werden nun aber nicht nur vor einem Standesamt, sondern auch immer wieder vor Gott geschlossen. Die Scheidung einer kirchlich geschlossenen Ehe ist dabei regelmäßig nicht möglich. Eheleute, die sowohl kirchlich als auch weltlich geheiratet haben, bleiben nach der Scheidung vor einem Familiengericht für die Kirche verheiratet.

Das bedeutet nun jedoch nicht, dass eine kirchliche Ehe nicht aufgehoben werden kann. Aber auch, um eine katholische Ehe zu annullieren, sind wichtige Gründe für den Vorgang zu nennen. Das Kirchenrecht kennt zahlreiche Gründe, die die Eheannullierung aufgrund von Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Heirat ermöglichen können, z. B.:

  • Es lag ein Konsensmangel vor (etwa Scheinehe, äußerer Zwang, wichtige Vorbehalte gegenüber dem Partner oder Irrtum über wesentliche Tatsachen).
  • Formale Vorgaben wurden nicht eingehalten.
  • Es lag ein Ehehindernis vor (etwa Verwandtschaft zwischen den Partnern, ein Partner schon bei Eheschließung nicht zum Geschlechtsakt fähig).

Die Prüfung, ob die kirchliche Ehe zu annullieren und die Gründe anzuerkennen sind, erfolgt in einem sogenannten Ehenichtigkeitsverfahren. Hebt die Kirche die Ehe anschließend auf, bleibt eine ggf. zugleich vor dem Standesamt geschlossene Ehe aber weiterhin bestehen. Weltliche und kirchlich geschlossene Ehe bzw. Eheaufhebung beeinflussen sich also nicht gegenseitig.

Bildnachweise: depositphotos.com/AllaSerebrina, fotolia.com/itakdalee, fotolia.com/AK-DigiArt

Über den Autor

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Jana O.

Jana hat an der Uni Greifswald Ger­manis­tik, Philosophie und Englische Literatur­wissenschaften studiert. Seit 2015 unterstützt sie das Redaktionsteam von scheidung.org. Ihre über die Jahre angeeignete Expertise nutzt sie seither, um komplizierte rechtliche Themen leicht verständlich aufzubereiten. Schwerpunkte ihrer Ratgeber sind Unterhalt, Eheverträge und Trennung.

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