Erben im Trennungsjahr: Hat Ihr Ex einen Anspruch auf Ihre Erbschaft?

Von Gitte H.

Letzte Aktualisierung am: 8. November 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

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Im Trennungsjahr möchte so mancher am liebsten bereits einen kompletten Schlussstrich ziehen und alle Verbindungen zum Ex-Partner kappen. Rechtlich gesehen ist dies jedoch meist nicht so einfach, denn immerhin gilt das Paar immer noch als verheiratet. Insbesondere in finanziellen Angelegenheiten ist oft noch allerhand zu klären. Aber was passiert eigentlich, wenn dann einer der beiden eine Erbschaft erhält? Hat sein Ehegatte trotz der Trennung einen Anspruch darauf? In diesem Ratgeber verraten wir, was Erben im Trennungsjahr wissen müssen.

Das Wichtigste in Kürze: Erben im Trennungsjahr

Hat mein Ex-Partner einen Anspruch auf mein Erbe im Trennungsjahr?

Dies ist nur der Fall, wenn Sie beide in einer Gütergemeinschaft leben. Bei einer Gütertrennung oder Zugewinngemeinschaft kann Ihr Noch-Ehegatte keinen Anspruch auf Ihre Erbschaft erheben. Dies gilt übrigens auch für Paare, die nicht in Trennung leben.

Gibt es Ausnahmesituationen, in denen ich meine Erbschaft nicht mit meinem Ex teilen muss, obwohl wir in einer Gütergemeinschaft leben?

Ja, solche Ausnahmen existieren. Genauere Informationen dazu finden Sie hier.

Was bedeutet es für mein Erbrecht, wenn mein Noch-Ehegatte während des Trennungsjahres verstirbt?

Gemäß § 1933 BGB erlischt das Ehegattenerbrecht erst, wenn die Voraussetzungen für die Scheidung erfüllt sind. Dazu gehört in der Regel auch, dass das Trennungsjahr bereits verstrichen sein muss. Während des Trennungsjahres selbst bleibt das Ehegattenerbrecht somit häufig bestehen.

Erbschaft im Trennungsjahr: Güterstand bestimmt Ansprüche des Ehepartners

Was müssen Erben im Trennungsjahr beachten?
Was müssen Erben im Trennungsjahr beachten?

Grundsätzlich entscheidet der Güterstand, in dem Sie mit Ihrem Ehegatten leben, darüber, wie mit dem Vermögen beider Partner zu verfahren ist. Das betrifft auch eine Erbschaft.

Besteht eine Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung, ist die Sache schnell geklärt: Hier verwaltet jeder Ehepartner sein eigenes Vermögen. Wenn Sie bei einem dieser beiden Güterstände etwas erben – ob im Trennungsjahr oder während Sie mit Ihrem Gatten einträchtig zusammenleben –, gehört Ihnen die Erbschaft ganz allein. Sie sind nicht verpflichtet, sie mit Ihrem Gatten zu teilen.

Leben Sie in einer Zugewinngemeinschaft, könnte es Sie außerdem interessieren, dass ein Erbe nicht zum Zugewinn gezählt wird, selbst wenn Sie es während der Ehe erhalten haben und dadurch Ihr Vermögen gewachsen ist. Denn es handelt sich hierbei eben nicht um einen erwirtschafteten Zuwachs, sondern privilegierten Erwerb. Die Erbschaft wird daher zum Anfangsvermögen hinzugerechnet.

Erbschaft in der Gütergemeinschaft

Wie verhält es sich aber, wenn Sie mit Ihrem Ehegatten seinerzeit den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben? Immerhin wird damit fast sämtliches Vermögen, das Sie während der Ehe erwerben, automatisch zum Gesamtgut. Tatsächlich gilt dies auch für eine Erbschaft. Diese wird in der Gütergemeinschaft in der Regel zum gemeinschaftlichen Vermögen, das gleichermaßen Ihnen und Ihrem Ehegatten gehört – und zwar in der Regel so lange, wie die Ehe besteht. Somit sind Erben üblicherweise auch im Trennungsjahr verpflichtet, ihre Erbschaft mit dem Noch-Ehegatten zu teilen.

Es gibt hier jedoch zwei mögliche Ausnahmen:

  1. Sie haben mit Ihrem Ehegatten per Ehevertrag vereinbart, dass Ihre Gütergemeinschaft automatisch endet, wenn Sie sich trennen.
  2. Der Erblasser hat in einer letztwilligen Verfügung festgelegt, dass sein Erbe gemäß § 1418 Abs. 2 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) als sogenanntes Vorbehaltsgut einzustufen ist. Vorbehaltsgut wird von jedem Ehegatten selbstständig verwaltet und zählt nicht zum Gesamtgut.

Das Ehegattenerbrecht im Trennungsjahr

Anspruch auf Erbe: Besteht im Trennungsjahr noch das Ehegattenerbrecht?
Anspruch auf Erbe: Besteht im Trennungsjahr noch das Ehegattenerbrecht?

Bisher haben wir den Fall betrachtet, dass Sie eine Erbschaft im Trennungsjahr erhalten, während Ihr Ehegatte noch am Leben ist. Was ist aber, wenn es Ihr Ex-Partner ist, der verstirbt? Steht Ihnen dann trotz der Trennung noch ein gesetzliches Erbe zu? Immerhin waren Sie beide zum Zeitpunkt seines Todes nach wie vor verheiratet.

Gemäß § 1931 BGB hat der überlebende Ehegatte eines Erblassers ein gesetzliches Erbrecht. Wann dieses endet, geht wiederum aus § 1933 BGB hervor. Hier heißt es:

Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten […] ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Zu den erwähnten Voraussetzungen für die Scheidung gehört in der Regel auch, dass das Ehepaar das Trennungsjahr bereits absolviert hat. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass das Ehegattenerbrecht bestehen bleibt, solange sich das Paar noch im Trennungsjahr befindet. Als überlebender Ehegatte haben Sie also weiterhin ein Recht, etwas von Ihrem Ex zu erben. Das Trennungsjahr hat darauf keinen Einfluss.

Entgegen einer weit verbreiteten Annahme ist es übrigens nicht möglich, seinen Ehegatten vollständig zu enterben. Selbst wenn Ihr Ex-Partner Sie vor seinem Tod durch ein Testament vom Erbe ausgeschlossen hat, haben Sie immer noch Anspruch auf einen bestimmten Pflichtteil. Dieser fällt in diesem Fall allerdings geringer aus.

Wie hoch Ihr Erbteil als Ehegatte ausfällt, hängt unter anderem davon ab, in welchem Güterstand Sie mit Ihrem Ex-Partner gelebt haben und mit wie vielen Erben erster und zweiter Ordnung (Kinder, Eltern, Geschwister des Erblassers) Sie um das Erbe konkurrieren. Ausführliche Informationen dazu finden Sie in unserem Ratgeber zum Ehegattenerbrecht.

Quellen und weiterführende Links

Über den Autor

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Gitte H.

Gitte hat Germanistik und Kommunikationswissenschaften studiert und ist seit 2017 ein Mitglied des scheidung.org-Teams. Im Familienrecht befasst sie sich vor allem mit den Themen Unterhalt, Sorgerecht und Erbrecht.

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