Express-Scheidung beim Standesamt: Vorstoß von Standesbeamten (vorerst) gescheitert
Der Bundesverband der Deutschen Standesbeamten (BDS) hatte mehrfach vorgeschlagen, einvernehmliche Scheidungen künftig zu vereinfachen, indem diese vor Standesbeamten erklärt werden könnten. Kerngedanke der Idee von einer Express-Scheidung beim Standesamt: Das verkürzte Verfahren solle die üblicherweise hohen Scheidungskosten in Deutschland verringern und sowohl Scheidungswillige als auch Familiengerichte entlasten. Nach einer dpa-Meldung besteht jedoch von politischer Seite derzeit kein Interesse an Scheidungen im Eiltempo. Warum?
BDS macht Lobbyverbände für Scheitern verantwortlich
Als Vorbild für den Vorstoß des BDS dienten andere EU-Länder wie Griechenland, Italien und Spanien. Auch in Dänemark ist eine verkürzte Online-Scheidung bei den zuständigen Standesämtern bereits möglich. In der Regel besteht eine solche Möglichkeit auch nur bei einvernehmlichen Scheidungen, bei denen keine minderjährigen Kinder betroffen sind. Durch den reinen Verwaltungsakt kosten Scheidungen in Italien mitunter nur 16 Euro, in Spanien 50. In Deutschland hingegen liegen die Scheidungskosten mindestens bei ca. 2.000 Euro. Eine Express-Scheidung beim Standesamt könne also Kosten und Aufwand sparen.
„Wir hinken der Entwicklung hinterher. In Europa tut sich eindeutig ein anderer Trend auf. Wir geraten in eine Exotenstellung.“ (Karl Krömer, Vorsitzender des Fachausschusses im BDS)
Kommentar: Skepsis gegenüber Express-Scheidung beim Standesamt berechtigt?
Ein wesentliches Problem, dass sich bei Umsetzung einer Express-Scheidung beim Standesamt nach Ansicht von Familienrechtlern ergeben könnte: Scheidungswillige Ehegatten könnten mit Blick auf die erhebliche Kostenersparnis auf jeglichen anwaltlichen Rat verzichten – und dadurch ggf. auch auf Ansprüche, die ihnen das Gesetz grundsätzlich zugesteht. Zudem könnten sich auch im Laufe einer einvernehmlichen Scheidung stets doch noch Streitpunkte ergeben.
Das deutsche Familienrecht ist recht komplex und für einen juristischen Laien kaum zu überblicken. Etwa folgende Ansprüche können auch bei einer einvernehmlichen Scheidung grundsätzlich bestehen:
- Versorgungsausgleich
- Zugewinnausgleich (bei bestehender Zugewinngemeinschaft)
- Unterhalt
Die Gefahr, dass Ehegatten in einem Schnellverfahren unwissentlich oder leichtfertig auf solche Ansprüche verzichten, ist groß, wenn allein der Kostenaspekt und die Zeitersparnis im Vordergrund einer Scheidung stehen. Zumal nicht jeder Verzicht auch rechtlich wirksam ist (etwa bei einem bestehenden Unterhaltsanspruch). Auch Eheverträge und Scheidungsfolgenvereinbarungen schützen nicht immer vor Problemen, insbesondere dann nicht, wenn kein Anwalt an deren Errichtung mitgewirkt hat.