Familienunterhalt: Umfang und Höhe in der Ehezeit ermittelbar?
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Nicht nur nach einer Trennung oder Scheidung können Unterhaltsansprüche bestehen. Auch während der Ehe sind beide Ehegatten in aller Regel dazu verpflichtet, zum gemeinsamen Familienunterhalt beizutragen. Was aber genau bedeutet das?
Das Wichtigste in Kürze: Familienunterhalt in der Ehe
In einer intakten Ehe trägt jeder Ehegatte etwas zum gemeinsamen Unterhalt der familiären Gemeinschaft bei, der für Unterkunft, Verpflegung, Reisen u. a. benötigt wird – sei es in Form von Erwerbstätigkeit (Barunterhalt) oder aber Haushaltsführung und Kindererziehung (Naturalunterhalt). Die zwei Unterhaltsformen stehen einander dabei gleichwertig gegenüber. § 1360 BGB verpflichtet beide Eheleute dazu, ihren Teil zum Familienunterhalt durch Ihre Arbeit und/oder Vermögen beizutragen.
Es ist nicht möglich, den Familienunterhalt konkret zu berechnen (mehr dazu lesen Sie hier). Das gilt insbesondere dann, wenn nur einer der Ehepartner einer Erwerbstätigkeit nachgeht, der andere sich hingegen durch Haushaltsführung oder Kindeserziehung am Familienunterhalt beteiligt. Sind beide Ehegatten erwerbstätig, trägt jeder finanziell den Teil bei, den er sich angesichts seiner wirtschaftlichen Verhältnisse leisten kann und der geboten ist, um den Lebensbedarf der Familie zu decken. Grundsätzlich kommt es auf gemeinsame Absprachen an. Dies ist im Rahmen einer intakten Ehe in aller Regel kein Problem.
Kann der in Pflege befindliche Ehegatte die Pflegekosten nicht allein mithilfe der eigenen Rente und Sozialleistungen wie Pflegegeld decken, so kann der andere zur Leistung einer Geldrente verpflichtet sein. Mehr dazu lesen Sie hier.
Wichtig! Es geht beim Familienunterhalt um eine Form des Unterhalts, der innerhalb einer bestehenden Ehe geleistet wird. Kommt es zu einer Trennung, kann stattdessen ein Anspruch auf Trennungsunterhalt bestehen, nach der Scheidung ggf. ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.
Familienunterhalt: Definition nach BGB
„Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts.“ (§ 1360 BGB)
In diesem Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind die wesentlichen Kerngedanken des Familienunterhalts zu finden:
- Es handelt sich um eine gegenseitige Verpflichtung, die beide Ehegatten durch die Eheschließung eingehen.
- Beide tragen zum Familienunterhalt durch Arbeit und/oder Vermögen bei, um den angemessenen Lebensbedarf der Ehegemeinschaft bzw. Familie zu decken (Kosten des Haushalts, Miete, Urlaub, Ausflüge, Bedürfnisse der Ehegatten, Lebensbedarf der gemeinsamen Kinder usf.).
- Der Beitrag ist auch dann erfüllt, wenn sich einer der Ehegatten um die Haushaltsführung – und ggf. auch die Kindererziehung – kümmert (während der andere zum Beispiel einer Erwerbstätigkeit nachgeht).
In welcher Form jeder Ehegatte seinen Beitrag am Familienunterhalt leistet, können die Eheleute untereinander absprechen. Feste gesetzliche Regelungen diesbezüglich gibt es nicht. Dabei ist auch schon lange nicht mehr gesagt, dass der Beitrag zum Familienunterhalt, den die Ehefrau erbringt, allein in Form von Haushaltsführung und Kindererziehung daherkommt. Diese Aufgaben können sich grundsätzlich auch beide Eheleute teilen (wenn zum Beispiel auch beide berufstätig sind), abwechselnd ausführen (z. B. bei Elternzeit) oder von den althergebrachten Rollenmustern ganz abrücken. Die Entscheidung treffen allein die Ehepartner.
Die Verpflichtung zum Familienunterhalt erfasst zudem auch Kosten eines Rechtsstreites (vgl. § 1360a BGB). Kann der Ehegatte, der den Rechtsstreit führt, die Prozess- und/oder Anwaltskosten nicht selbst tragen, ist sein Partner hierzu verpflichtet (sofern dieser leistungsfähig ist).
Hat der Familienunterhalt Vorrang vor Kindesunterhalt? Sofern Sie verpflichtet sind, einem minderjährigen oder volljährigen privilegierten Kind Unterhalt zahlen müssen, haben diese Leistungen Vorrang vor dem Familienunterhalt. Der Familienunterhalt steht laut Rangfolge der Unterhaltberechtigten erst an zweiter bzw. dritter Stelle (vgl. § 1609 BGB).
Ist die Berechnung von Familienunterhalt während der Ehe möglich?
Anders als bei nachehelichem oder Trennungsunterhalt ist beim Familienunterhalt keine konkrete Berechnung möglich. Das ergibt sich schon allein daraus, dass beide Eheleute nicht zwangsläufig berufstätig sein müssen, um ihren Beitrag am Familienunterhalt zu leisten. Der Familienunterhaltsanspruch stellt also keine fest bezifferbare Größe dar, sondern richtet sich stets nach den Lebensumständen und dem Lebensbedarf im Einzelfall.
Gewissermaßen gilt jedoch ein Halbteilungsgrundsatz: Der angemessene Lebensbedarf der Ehegemeinschaft, der dem erforderlichen Familienunterhalt entspricht, sollte zu gleichen Teilen unter den Ehegatten aufgeteilt werden. Dabei greift ein Anspruch auf Selbstbehalt nicht. In welcher Form jeder einzelne von ihnen das jedoch tut, darüber sprechen sich die Eheleute untereinander ab. Verdienen beide Ehegatten, müssen sie deshalb aber noch nicht jeweils ihr hälftiges Einkommen zum Familienunterhalt beitragen. Ausgangspunkt ist stets der angemessene Lebensbedarf, nicht das tatsächliche Einkommen selbst.
Der Familienunterhalt bestimmt jedoch auch einen Anspruch auf Taschengeld für einen nichtverdienenden Ehegatten, sofern durch die Zahlung nicht die Deckung des gemeinsamen Lebensbedarfs gefährdet wäre. In der Regel beträgt das angemessene Taschengeld 5 bis 7 Prozent des Nettoeinkommens des verdienenden Ehepartners. Dieser Anspruch wird dem haushaltsführenden Ehegatten als Einkommen zugrechnet.
Geldrente statt Familienunterhalt: Unterbringung im Pflegeheim
Im Laufe einer langen Ehe kann es passieren, dass einer der beiden Ehegatten pflegebedürftig wird. Kann der andere die häusliche Pflege nicht mehr bewerkstelligen, ist die Unterbringung in einem Pflegeheim oftmals unumgänglich. Aber wie steht es um den Familienunterhalt bei Heimunterbringung?
Klar ist: Der in Pflege befindliche Ehepartner kann seinen Anteil am Familienunterhalt nicht mehr leisten. Reichen die eigene Rente und das Pflegegeld dann nicht aus, um die Kosten für die Unterbringung zu erstatten, kann der andere Ehepartner herangezogen werden, denn grundsätzlich gilt das Zusammenleben nicht als Voraussetzung für einen Familienunterhaltsanspruch.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 27.04.2016 (Aktenzeichen: VII Z B 485/14) festgelegt, dass der im Heim befindliche Ehegatte weiterhin einen Anspruch auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB habe. Dieser erstreckt sich hier allerdings nur auf die Pflegekosten, die nicht durch die Rente des Gepflegten sowie Sozialleistungen abgedeckt werden können. Der Familienunterhalt müsse – die Leistungsfähigkeit des zahlungspflichtigen Ehepartners vorausgesetzt – in diesem Falle in Form einer Geldrente erbracht werden. Ausnahmsweise ist in diesem Falle jedoch beim Familienunterhalt der Selbstbehalt nach Düsseldorfer Tabelle ausnahmsweise zu berücksichtigen.