Kann bei Scheidung ein gemeinsamer Anwalt beauftragt werden?

Von Dr. Philipp Hammerich

Letzte Aktualisierung am: 6. Februar 2025

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

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Eine Scheidung führt die Beteiligten unweigerlich vor das zuständige Familiengericht. Vor diesem wiederum besteht für alle Antragsteller Anwaltszwang. Im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung reicht dabei jedoch häufig nur ein Ehegatte den Scheidungsantrag ein, während der andere diesem zustimmt. Dadurch genügt hier regelmäßig die Beauftragung nur eines Anwaltes. Doch kann dieser dann für die Ehegatten als gemeinsamer Scheidungsanwalt auftreten?

Das Wichtigste in Kürze: Gemeinsamer Anwalt bei Scheidung möglich?

Ist ein gemeinsamer Anwalt bei der Scheidung möglich?

Ja. Wenn es sich um eine einvernehmliche Scheidung handelt, ist es grundsätzlich möglich, dass beide Parteien durch denselben Rechtsbeistand vertreten werden.

Wann kann kein gemeinsamer Anwalt beauftragt werden?

Ein gemeinsamer Anwalt bei der Scheidung kommt nicht in Frage, wenn es unterschiedliche Interessen der beiden Parteien gibt.

Ist eine Scheidung komplett ohne Anwalt möglich?

Nein. In Deutschland herrscht diesbezüglich Anwaltszwang. Sie müssen also zwangsläufig einen Scheidungsanwalt engagieren.

Widerstreitende Interessen bei Scheidung: Gemeinsamer Anwalt nicht möglich!

Berufsordnung für Rechtsanwälte verbietet Vertretung konkurrierender Parteien

Bevorstehende Scheidung: Gemeinsamer Anwalt oder doch besser getrennt beraten lassen?
Bevorstehende Scheidung: Gemeinsamer Anwalt oder doch besser getrennt beraten lassen?

Das Standesrecht eines jeden Anwalts basiert auf der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA). In § 3 BORA wird eine allgemeine Regelung getroffen, die grundsätzlich verhindert, dass bei Scheidung ein Anwalt für beide Parteien tätig werden kann:

„Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise […] beruflich befasst war.“ (§ 3 Absatz 1 Satz 1 BORA)

Im Rahmen einer Scheidung ergeben sich die widerstreitenden Interessen insbesondere aus den zahlreichen vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen. Da ein Anwalt stets darauf hinarbeitet, die bestmöglichen Konditionen für den eigenen Mandanten zu erwirken, wird eine objektive Vertretung beider Scheidungswilligen unterbunden. Nur einer der Ehegatten kann den Scheidungsanwalt mit der Vertretung beauftragen, sodass bei Scheidung kein gemeinsamer Anwalt beauftragt werden kann.

Bei einvernehmlicher Scheidung genügt ein Anwalt

Bei Scheidung ist kein gemeinsamer Anwalt möglich, aber wer den Rechtsbeistand zahlt, darüber sind Einigungen möglich.
Bei Scheidung ist kein gemeinsamer Anwalt möglich, aber wer den Rechtsbeistand zahlt, darüber sind Einigungen denkbar.

Es ist also rechtlich gesehen de facto nicht möglich, dass ein gemeinsamer Anwalt beide Ehegatten bei der Scheidung vertritt. Die Kosten für den von einem der beiden beauftragten Anwalt können dennoch im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung geteilt werden. Hierzu treffen die Ehegatten zumeist eine Kostenteilungsvereinbarung.

Der Vorteil ist, dass sich so die Kosten des Scheidungsverfahrens maßgeblich verringern lassen. Eine Pflicht zur Kostenteilung gibt es jedoch nicht, da für die Anwaltskosten im Familienverfahren regelmäßig der Auftraggeber einstehen muss.

Nichtsdestotrotz sollte der Antragsgegner auch bei Einvernehmlichkeit eine außergerichtliche anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen, wenn dieser bezüglich seiner Ansprüche im Zuge der Scheidung unsicher ist. Die Vertretung kann sich dann auf ein Beratungsmandat beschränken, das in der Regel geringere Kosten als die gerichtliche Vertretung verursacht.

Bei Trennung von einem Anwalt gemeinsam beraten lassen

Anders hingegen kann es aussehen, wenn die betroffenen Ehegatten nur eine allgemeine Beratung in Anspruch nehmen, die insbesondere Auskünfte über die Rechte, Pflichten und Ansprüche zum Gegenstand hat, welche im Zuge einer Scheidung grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Spätestens jedoch, wenn es um wesentliche Inhalte und detaillierte Ansprüche geht, kann nur noch ein Ehegatte den Anwalt mit der Vertretung bei der Scheidung beauftragen.

Über den Autor

Dr Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich hat ein Jura-Studium an der Universität Hamburg abgeschlossen. Danach absolvierte er sein Referendariat beim Oberlandesgericht in Hamburg. Als Autor für scheidung.org beantwortet der seit 2007 zugelassene Rechtsanwalt unterschiedlichste Fragen aus dem Familienrecht.

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