Islamische bzw. muslimische Scheidung: Wird sie in Deutschland anerkannt?
Inhaltsverzeichnis
Das deutsche Familienrecht erfasst für die Scheidung einer Zivilehe unzählige Vorgaben im Bürgerlichen Gesetzbuch. Diese gelten jedoch nicht automatisch auch für die Scheidung von religiösen Ehen. Hierunter fallen dabei nicht nur kirchlich geschlossene, sondern auch sogenannte Imam-Ehen, die nach muslimischem Recht geschlossen wurden. Wie aber funktioniert eine Scheidung nach islamischem Recht? Und wird eine solche auch in Deutschland anerkannt?
Das Wichtigste in Kürze: Muslimische Ehe & Scheidung
Je nach Ausrichtung und Land gibt es unterschiedliche Formen der islamischen Scheidung. Einen groben Überblick finden Sie hier.
Das richtet sich nach unterschiedlichen Kriterien, z. B. der Staatszugehörigkeit, dem Staat, in dem die Scheidung vollzogen wurde und der Anerkennung der Ehe in Deutschland. Mehr dazu lesen Sie hier.
In diesem Falle ist in der Regel eine zivilrechtliche Scheidung erforderlich. Auch andere Scheidungen im Ausland müssen nicht in jedem Fall in Deutschland anerkannt werden.
Islamische Scheidung: Ablauf der vor dem Scharia-Gericht
Es gibt zwei unterschiedliche Formen, eine islamische Ehe scheiden zu lassen. Ausgangspunkt hierbei ist der Ehegatte, der die Scheidung anstrebt:
- Chul’ – Hierbei begehrt die Ehefrau, den geschlossene Ehevertrag, der Basis für die muslimische Ehe ist, aufzulösen. Der Ehemann wird dabei in der Regel materiell entschädigt. Besondere Gründe müssen für die islamische Scheidung – wie auch im Koran aufgeführt – dabei vor dem Scharia-Gericht eigentlich nicht angebracht werden. Da es jedoch nicht nur ein muslimisches Ehe- und Familienrecht gibt, sondern unterschiedliche Islam-Ausprägungen praktiziert werden können (je nach Land), müssen hierbei ggf. besondere Vorgaben berücksichtigt werden. So kann ggf. auch eine Scheidungsklage vor dem Scharia-Gericht eingebracht werden, wenn der Ehemann sich gegenüber seiner Ehefrau grausam verhielt.
- Talāq – Der Ehemann kann sich von seinem Ehevertrag lösen, indem er eine islamische Scheidungsformel drei Mal gegenüber seiner Ehefrau äußert. Aus der Aussage muss dabei im Grunde nur die Absicht eindeutig hervorgehen, die islamische Ehe scheiden lassen zu wollen. In den Ländern, in denen eine derartige Scheidung für Muslime möglich ist, gelten in der Regel festgelegte Fristen, innerhalb derer die Aussagen getätigt werden müssen. Das Scharia-Gericht entscheidet dann anschließend über die Scheidung und die Frau unterzeichnet eine Erklärung, in der sie auf zukünftige Ansprüche gegen ihren Ehemann verzichtet.
Vereinzelt ist auch eine Art einvernehmliche islamische Scheidung möglich, der zumeist eine dreimonatige Trennungszeit vorausgehen muss.
Islamische Ehe ja, Scheidung nein? Zur Anerkennung in Deutschland
Problematisch kann sich die Anerkennung religiös geschlossener Ehen aber auch Scheidungen in Deutschland gestalten. Grund hierfür ist auch die praktizierte Trennung von Kirche und Staat. Ausschlaggebend für die Anerkennung ist zumeist die Staatsangehörigkeit der betroffenen Eheleute:
So kann eine im Ausland geschlossene islamische Ehe anerkannt werden, wenn diese unter Rücksichtnahme auf die jeweiligen Vorschriften des Landes als rechtswirksam gelten kann. Eine rechtlich in Deutschland anerkannte Ehe kann hiernach dann auch nach deutschem Familienrecht geschieden werden. Wurde die muslimische Ehe in Deutschland geschlossen, so erfüllt diese die Voraussetzungen des BGB an eine Zivilehe nicht und wird daher in der Regel auch nicht anerkannt. Doch wie sieht es bei einer muslimischen Scheidung aus?
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits abgelehnt, eine islamische Scheidung vor einem Scharia-Gericht anzuerkennen (Urt. v. 20.12.2017, Az. C-372/16). Die Begründung: Für eine Anerkennung bedürfe es der Scheidung vor einer staatlichen Stelle. Ein Scharia-Gericht fällt hier nicht darunter. Da dieses zudem eine einseitige Erklärung des Mannes bzw. der Frau einfach weitgehend ungeprüft übernimmt, könne auch eine Anwendung der Rom-III-Verordnung hier nicht greifen. Mehr zu dem Urteil lesen Sie in unserer News “EuGH-Urteil: Scheidung vor Scharia-Gericht muss nicht anerkannt werden”.
Grundlage der Verhandlung war ein deutsches Verfahren vor dem OLG München: Ein Ehepaar mit deutscher Staatsbürgerschaft hatte bei ihrer in Syrien vollzogenen Scheidung islamisches Recht anwenden lassen. Das OLG lehnte die Anerkennung der Scheidung in Deutschland ab.
Im Übrigen: In Deutschland hat auch eine christliche Ehe keinerlei zivilrechtliche Folgen oder Wirksamkeit. Erst die Schließung einer Zivilehe – also der standesamtlichen Trauung – wird die Ehe offiziell vom Staat anerkannt. Auch eine kirchliche Eheaufhebung hat ebenso wie eine hierzulande durchgeführte islamische Scheidung regelmäßig keine rechtlichen Auswirkungen. Sofern die Scheidung der Zivilehe vor dem Familiengericht nicht erfolgt, bleiben die Eheleute auch nach der religiösen Scheidung rechtlich gesehen Ehegatten.
Bildnachweise: depositphotos.com/seqoya, depositphotos.com/kagemusha, fotolia.com/lukaszimilena