Scheidung ohne Gütertrennung: Welche Ansprüche bestehen?
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Bei einer Scheidung geht es nicht nur um die Auflösung einer Ehe, sondern einer Lebensgemeinschaft mit allem Drum und Dran. Das bedeutet vor allem: Es können zahlreiche Ausgleichs- und Teilungsansprüche bestehen. Ausschlaggebend ist dabei unter anderem der eheliche Güterstand, doch nicht in jedem Fall!
Das Wichtigste in Kürze: Scheidung ohne Gütertrennung
Das richtet sich unter anderem nach dem ehelichen Güterstand. Dieser entscheidet darüber, was gemeinsames oder alleiniges Vermögen ist. Doch es gibt Ausgleichsansprüche bei Scheidung, die von diesem unberührt bleiben (insbesondere Unterhalt und Versorgungsausgleich). Mehr erfahren Sie unter anderem in unserem Ratgeber „Trennung & Scheidung: Wer bekommt eigentlich was?“
Doch. Nicht nur die Zahlung von Unterhalt oder der Rentenausgleich sind bei einer Scheidung mit oder ohne vereinbarte Gütertrennung möglich. Darüber hinaus bestehen regelmäßig Ausgleichsansprüche bei gemeinschaftlichem Vermögen (z. B. ein gemeinsames Haus). Auch können gemeinsame Verbindlichkeiten (Kredite) aufgeteilt werden.
Nicht zwangsläufig. Wollen Sie Ihr Unternehmen im Falle einer Scheidung ohne Gütertrennung vor einer zu großen Belastung durch Ausgleichszahlungen schützen, können Sie in einem Ehevertrag die Zugewinngemeinschaft modifizieren. Im Zuge dessen ist es möglich, einzelne Vermögenswerte aus einem möglichen Zugewinnausgleich herauszulösen.
Welche ehelichen Güterstände gibt es eigentlich?
In Deutschland können Eheleute bei der Heirat einen von drei verschiedenen Güterstände wählen:
- Zugewinngemeinschaft = gesetzlicher Güterstand, in den die Eheleute automatisch eintreten, wenn sie nichts anderes vereinbaren
- Gütergemeinschaft = kann nur per Ehevertrag vereinbart werden
- Gütertrennung = kann nur per Ehevertrag vereinbart werden
Der Güterstand während der Ehe regelt zum einen die Eigentumsverhältnisse und die wirtschaftliche Gemeinschaft während der Ehe, aber auch die möglichen Ausgleichsansprüche im Falle einer Trennung und Scheidung. Doch welche Folgen hat es genau, wenn es zu einer Scheidung ohne Gütertrennung kommt?
Keine Gütertrennung bei Scheidung: Wie wirkt sich das aus?
Das Wichtigste vorab: Eine Scheidung ohne Gütertrennung bedeutet nicht automatisch, dass die Eheleute alles untereinander halbe-halbe aufteilen müssen. Denn auch in einer Zugewinn- oder bei Gütergemeinschaft gehört nicht beiden alles zu gleichen Teilen. Die folgenden Darstellungen sind dabei allerdings verkürzt. Die Regelungen zum ehelichen Güterrecht umfassen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) allein etwa 200 Paragraphen.
Scheidung ohne Gütertrennung, aber bei Zugewinngemeinschaft
Beim gesetzlichen Güterstand, der heutzutage eher die Regel ist, handelt es sich gewissermaßen um eine Form der Gütertrennung. Das bedeutet: Jeder Ehepartner bleibt zunächst alleiniger Eigentümer seines Hab und Guts. Selbst Einkünfte gehören nicht automatisch dem anderen Ehegatten zu gleichen Teilen. Im Grunde kann also jeder Partner relativ frei über sein eigenes Vermögen verfügen. Die eheliche Solidarität verlangt lediglich, dass beide einen Teil zum Familienunterhalt beitragen – in welcher Form auch immer. Das gilt aber in jedem Güterstand.
Der Vermögensstand kommt eigentlich erst so richtig im Falle einer Scheidung zum Tragen. Ohne Gütertrennung entsteht bei der Auflösung u. a. ein Anspruch auf Zugewinnausgleich. Bei diesem werden die Zugewinne beider Eheleute während der gemeinsamen Ehe miteinander verglichen. Der Partner mit dem geringeren Zugewinn kann die Hälfte der Differenz aus beiden Zugewinnen als Ausgleich verlangen.
Hintergrund dieses Vorgangs ist der Gedanke, dass beide Ehegatten im Zuge der ehelichen Gemeinschaft zu gleichen Teilen an dem Zugewinn des anderen mitwirken, z. B. wenn ein Ehepartner sich auf Haushalt und Kinderbetreuung konzentriert, der andere dadurch mehr arbeiten kann. Besteht keine Gütertrennung bei Scheidung, soll der andere also auf dieser Grundlage nicht durch die Eheauflösung benachteiligt werden, sondern seinen Anteil daran erhalten.
Hinweis: Im Rahmen eines Ehevertrages können die Eheleute einzelne Vermögenswerte aus einem möglichen Zugewinnausgleichsanspruch ausklammern. Das kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn ein Ehepartner ein Unternehmen führt. Die Zugewinne aus diesem würden ohne die Modifizierung ebenfalls in den Zugewinnausgleich fallen, was nicht selten den Bestand des Geschäfts gefährden könnte. Bei einer Unternehmerehe muss es also nicht in jedem Fall die Gütertrennung sein. Durch die Anpassung des gesetzlichen Güterstands kann das Unternehmen bei Scheidung selbst ohne Gütertrennung geschützt werden.
Scheidung ohne Gütertrennung, aber bei Gütergemeinschaft
Dieser Güterstand gehört eher zum Urgestein und ist nur noch selten in Deutschland anzutreffen. Haben die Eheleute bei der Scheidung keine Gütertrennung vereinbart, sondern Gütergemeinschaft, bedeutet auch das allerdings nicht, dass es zur Halbteilung von allem kommt.
Während der Ehezeit erworbenes Vermögen kann in das gemeinschaftliche Vermögen fallen, aber daneben gibt es noch vier weitere Vermögensmassen: das Vorbehaltsgut sowie das Sondergut eines jeden Ehegatten. Zudem kann der Ehepartner zum Beispiel verlangen, Miteigentümer etwa für eine Eigentumsimmobilie zu werden, die in die Ehe eingebracht wird. Die Aufteilung bei der Aufhebung einer Gemeinschaft gestaltet sich vergleichsweise schwierig, doch selbst hier kommt es nicht einfach zur exakten Halbteilung.
Wichtig! Sowohl bei der Gütertrennung als auch bei Zugewinngemeinschaft bleibt das in die Ehe eingebrachte Vermögen eines Ehepartners dessen Alleineigentum. Geändert werden kann dies nur aktiv (etwa durch Eintragung des anderen in das Grundbuch eines in die Ehe eingebrachten Hauses). Der einzige Unterschied: Bei einer Scheidung ohne Gütertrennung kann der in der Ehezeit erfolgte Vermögenszuwachs von Alleineigentum im Ausgleich des Zugewinns berücksichtigt werden. Bei Gütertrennung besteht ein solcher Ausgleichsanspruch nicht.
Weitere Ansprüche bei Scheidung mit oder ohne Gütertrennung
Bei Zugewinn- und Gütergemeinschaft kann es also zum Vermögensausgleich im Zuge der Scheidung kommen. Dieser erfasst jedoch nicht sämtliches Vermögen! Darüber hinaus bestehen bei Scheidung – mit oder ohne Gütertrennung – weitere Ansprüche, z. B.:
- Hausratsteilung: Aufteilung von gemeinschaftlichem Hausrat
- Aufteilung von gemeinschaftlich erwirtschaftetem Vermögen (z. B. Geld, Aktien, Immobilien, gemeinsames Konto)
- Berücksichtigung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten (z. B. Kredite)
„Gemeinschaftlich“ bedeutet in diesen Fällen, dass keiner der Ehepartner eindeutig Alleineigentümer ist. Bei Immobilien ergibt sich das Eigentumsverhältnis zum Beispiel aus dem Grundbucheintrag. Bei Verbindlichkeiten hingegen spielt es eine Rolle, wer den Vertrag unterzeichnet hat (beide oder nur ein Ehepartner).
Achtung! Auch auf Unterhaltsansprüche hat der eheliche Güterstand bei Scheidung keinen Einfluss. Ohne oder mit Gütertrennung, bei Güter- oder Zugewinngemeinschaft: Trennungsunterhalt, ggf. nachehelicher Unterhalt sowie Kindesunterhalt sind stets zu leisten, sofern sich ein entsprechender Anspruch ergibt.
Versorgungsausgleich bleibt vom Güterstand unberührt
Egal ob bei einer Scheidung ohne oder mit Gütertrennung: In jedem Fall kann es zum Versorgungsausgleich kommen. Bei diesem werden die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften zwischen den Ehegatten aufgeteilt. Der Ausschluss dieses Rentenausgleichs ist nur in wenigen Fällen möglich (z. B. bei kurzer Ehe, geringen Ausgleichswerten oder bei anderen, gleichwertigen Ausgleichsleistungen).
Wenn Sie einen Scheidungsantrag einreichen, wird das Gericht den Versorgungsausgleich als einzige Scheidungsfolge automatisch in das Verfahren mit aufnehmen. Alle anderen Folgesachen (z. B. Umgangsrecht, Sorgerecht, Unterhalt) nimmt es nur auf Antrag in das Verbundverfahren mit auf.
Schwirrt Ihnen schon der Kopf? Für Laien sind die zahlreichen Ansprüche, Rechte und Pflichten im Falle einer Scheidung kaum zu überblicken. Es bietet sich daher stets eine anwaltliche Beratung an. Wollen Sie sich einvernehmlich scheiden lassen, können Sie dabei auch den Weg der „Online-Scheidung“ gehen. Hier können Sie bequem per E-Mail oder Telefon die wichtigsten Aspekte mit einem Anwalt abklären, den Scheidungsantrag erstellen und einreichen lassen.
Beachten Sie jedoch: Die Scheidung selbst kann nur vor einem Gericht erfolgen. Im Scheidungstermin besteht für alle Beteiligten Anwesenheitspflicht. Eine Scheidung ausschließlich über den Online-Weg ist in Deutschland (noch) nicht möglich.