Scheidungskosten von Steuer absetzen – Wann ist das zulässig?
Die Auflösung einer Ehe ist mit teils umfangreichen Scheidungskosten verbunden. Nicht nur der vertretende Anwalt, auch Gericht und gegebenenfalls beauftragter Notar haben einen Anspruch auf Vergütung ihrer Dienste. Viele Scheidungswillige fragen sich auch aus diesem Grund, ob die Scheidungskosten eventuell steuerlich absetzbar sind, um so den Verlust wieder zu relativieren. Erfahren Sie in unserem Ratgeber mehr darüber, ob Sie die Scheidungskosten in die Steuererklärung aufnehmen können.
Das Wichtigste in Kürze: Kann ich die Scheidungskosten absetzen?
- Seit dem 01. Januar 2013 gilt: Scheidungskosten können nicht von der Einkommenssteuer abgesetzt werden.
- Ausnahme: Prozesskosten können dann abgesetzt werden, wenn die Aufwendungen die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen gefährden würden.
- In Einzelfällen herrscht noch Uneinigkeit unter den Richtern, weshalb vereinzelt Urteile zugunsten des Steuerzahlers gefällt wurden. Deshalb kann es sich lohnen, Einspruch einzulegen, wenn das Finanzamt die Geltendmachung der Scheidungskosten ablehnt.
Ausführliche Informationen zur Frage, ob Sie Scheidungskosten steuerlich absetzen können, erhalten Sie im Folgenden.
Können Sie die Scheidungskosten von der Steuer absetzen?
Inhaltsverzeichnis
Bei der Einkommenssteuer die Scheidungskosten angeben und sparen?
Bis zum Jahre 2013 war es möglich, dass die entstandenen Kosten für Zivilrechtsprozesse bei der jährlichen Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung veranlagt wurden. Teil des Zivilrechts sind auch die Scheidungsverfahren.
Die Ansicht, dass es sich bei den durch Ehescheidung entstehenden Kosten um außergewöhnliche Belastungen handelt, bestätigte der Bundesfinanzhof (BFH) – das höchste deutsche Steuergericht – in verschiedensten Urteilen.
Demnach war es dem Grunde nach zumindest zulässig, in der Steuererklärung die Scheidungskosten anzugeben. Das bedeutete jedoch noch längst keine Steuerentlastung: Zwar hatte der BFH seine Auffassung mehrfach bestätigt, diese wurde jedoch nie wirksam umgesetzt. Finanzbehörden bestimmten damit stets, dass die Scheidungskosten unter Vorbehalt zunächst nicht anerkannt werden, bis sich die Gesetzeslage eindeutig änderte bzw. in einem Einzelfall ein abschließendes Urteil beim BFH erging.
Dies geschah zum 01. Januar 2013:
Nach der Gesetzesänderung: Sind Scheidungskosten noch steuerlich absetzbar?
Zum 01. Januar 2013 trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die eindeutig das Schicksal der Sparwilligen besiegelte: Seither ist es nicht mehr zulässig, Scheidungskosten von der Einkommenssteuer abzusetzen. Nur noch eine einzige Ausnahme gewährt das Einkommenssteuergesetz (EStG):
„Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.“ (§ 33 Absatz 2 EStG)
Ist der Rechtsstreit also unumgänglich, weil andernfalls die Existenz des Betroffenen gefährdet wäre, kann er entstehende Kosten für den Zivilprozess steuerlich geltend machen. Da dies bei einer Scheidung in aller Regel auszuschließen ist, bedeutet dies:
Allerdings gibt es auch für Fälle nach 2013 einige Urteile, die die teilweise steuerliche Geltendmachung dennoch gewähren.
Achtung: BFH schließt Absetzbarkeit von Scheidungskosten mit neuem Urteil aus (Stand: 16.08.2017)
Mit einem neuen Urteil zum Aktenzeichen VI R 9/16 hat der Bundesfinanzhof bestätigt, dass Scheidungskosten grundsätzlich nicht mehr steuerlich absetzbar seien. Als Grund hierfür führt er an, dass die Absetzbarkeit nur dann möglich wäre, wenn die entstandenen Kosten die Existenz des Betroffenen stark beeinträchtigten. Dies sei bei Scheidungskosten jedoch grundsätzlich nicht anzunehmen – selbst dann nicht, wenn die Weiterführung der Ehe das eigene Leben andernfalls stark beeinträchtigen würde. Es ist anzunehmen, dass auch in folgenden noch offenen Verfahren entsprechende Urteile fallen werden.
Uneinigkeit auch bei Richtern
Obwohl das Gesetz vermeintlich deutlich bestimmt, dass die Verbraucher bei der Steuer hohe Scheidungskosten nicht mehr absetzen können: Die Neuerungen des Einkommensteuergesetzes sind zum Teil höchst umstritten – auch unter den Richtern in den Finanzgerichten (FG).
So verwundert es nicht, dass auch steuerzahlerfreundliche Urteile fielen, z. B.:
Urteil vom 16. Oktober 2014 vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 4 K 1976/14)
Die Scheidung ist stets existenziell. Eine Eheauflösung kann ausschließlich vor Gericht erfolgen, sodass immer Kosten entstehen (müssen). Der Versorgungsausgleich ist von Amts wegen durchzuführen, sodass die Beteiligten auch hierauf keinen Einfluss nehmen können. Durch die Zwangsläufigkeit von Hauptverfahren und VA seien zumindest hieraus resultierende Scheidungskosten steuerlich abzugsfähig.
Aus dieser Begründung geht hervor, dass all jene Kosten, die bei der Scheidung für zusätzliche und nicht verpflichtende gerichtliche Entscheidungen anfielen, bei der Steuer nicht berücksichtigt werden. Hierzu zählen etwa Kosten für die Entscheidung über Kindes- oder Ehegattenunterhalt, den Zugewinnausgleich oder aber für Wohnungszuweisungsverfahren.
Der Fall liegt derzeit beim BFH (Az. VI R 66/14). Ein abschließendes Urteil ist daher noch nicht getroffen.
Urteil vom 13. Januar 2016 vor dem Finanzgericht Köln (Az. 14 K 1861/15)
Die hier getroffene Entscheidung ist besonders deshalb von Interesse, als hier die Terminologie im Familienrecht, die mit der Reform 2009 verändert wurde, eine tragende Rolle spielt: Da seither im Familienrecht nicht mehr von „Prozess“ oder „Rechtsstreit“, sondern von „Verfahren“ die Rede sei. Das Scheidungsverfahren werde dadurch nicht durch den § 33 EStG berührt, sodass bei der Einkommensteuererklärung auch die Scheidungskosten berücksichtigt werden können.
Auch hierzu steht eine abschließende Entscheidung noch aus (BFH, Az. VI R 19/15).
Fazit: Bei der Steuer vorsorglich Scheidungskosten absetzen!
Aufgrund der noch immer schwer abzuschätzenden Entscheidungsgrundlage können Sie vorsorglich die Scheidungskosten dennoch absetzen. Allerdings müssen Sie davon ausgehen, dass das zuständige Finanzamt Ihren Anspruch zunächst ablehnt.
Nach der Ablehnung können Sie jedoch innerhalb eines Monats einen Einspruch gegen die Entscheidung einlegen. Als Begründung können Sie hierbei auf die oben genannten Verfahren vor dem Bundesfinanzhof verweisen. Eine abschließende Entscheidung hinsichtlich dieser Frage wird das Finanzamt anschließend vermutlich nicht treffen, sondern die steuerliche Absetzung Ihrer Scheidungskosten zunächst offen lassen. Im Anschluss müssen Sie auf die Urteile des BFH warten. Wie lange, ist offen.
Wenn das Finanzamt Ihren Einspruch ablehnt, bleibt Ihnen in aller Regel nur eins: der Weg über ein Klageverfahren. In diesem Fall wird ihr Fall zunächst vor dem zuständigen Finanzgericht verhandelt. Wird hier bestimmt, dass Sie Ihre Scheidungskosten absetzen dürfen, müssen Sie jedoch damit rechnen, dass das Finanzamt die Sachlage ebenfalls vor dem Bundesfinanzhof verhandeln lässt.
Hallo.
Wie sieht es mit den Kosten für eine Mediation mit anschließender Scheidungsfolgenvereinbarung aus? Werden diese Kosten übernommen?
Wenn die mit der Scheidung verbundenen Kosten (Gerichts-, Anwalts-, Notars-, Gerichtsvollzieherkosten) die Hälfte des Einkommens, in meinem Fall, meiner Rente betragen, kann dies als Bedrohung der Existenzgrundlage betrachtet werden ? Diese horrenden Kosten können nur unter Zugriff auf meine Ersparnisse bezahlt werden.
Hallo,
ich habe gelesen, dass der Unterhalt der Kinder steuerlich absetzbar ist. Muss das die Gegenseite dann als Einnahmen verbuchen und dafür Steuern zahlen?
MfG
Hallo Stefan,
bitte wenden Sie sich zur Klärung dieser Fragen an Ihren Steuerberater, Anwalt oder das Finanzamt.
Ihr Scheidung.org-Team
Auf meinen Einspruch vom 30.06.2017 für die EkSt 2016 schrieb mir jetzt das Finanzamt, dass mit Urteil vom 18.05.2017 die Verfahren beim BFH beendet sind. Scheidungskosten sind danach nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Ist es ratsam, wie oben beschrieben, den Einspruch weiter aufrecht zu halten wegen verfassungsrechtlicher Bedenken? Oder ist hier nicht mehr mit einer Änderung zu rechnen?
Hallo,
entsprechend des neuen Urteils vom 16. August 2017 ist nunmehr davon auszugehen, dass auch in künftigen und noch offenen Fällen vor dem Bundesfinanzhof ähnliche Urteile gefällt werden. Damit ist die Absetzbarkeit der Scheidungskosten vermutlich nicht mehr ohne Weiteres möglich. Wenden Sie sich an Ihren Anwalt, um prüfen zu lassen, inwieweit ein Aufrechterhalten des Einspruches noch sinnvoll erschiene.
Ihr Scheidung.org-Team
Eine Definition für den umgangssprachlichen Begriff „Scheidungskosten“ fehlt.
Was genau ist das denn?
Sind es lediglich die gerichtlichen Verfahrenskosten?
Hallo,
die Scheidungskosten ergeben sich aus den Anwalts- sowie den Gerichtskosten. Darüber hinaus können, soweit in Anspruch genommen, auch Gutachter- und Notarkosten mit einfließen.
Ihr Scheidung.org-Team