Verfahrenskostenvorschuss bei Scheidung – Scheidungskosten vom Ehegatten zahlen lassen?
Die im Rahmen des Scheidungsverfahrens anfallenden Kosten sind mitunter hoch. Kann einer der beteiligten Ehegatten die Verfahrenskosten aufgrund von Bedürftigkeit nicht eigenständig zahlen, besteht für ihn die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Aber: Diese wird immer häufiger nur dann gewährt, wenn nachweisbar ist, dass der andere Ehegatte die Kosten nicht im Rahmen eines Verfahrenskostenvorschusses übernehmen kann. Was ist der Verfahrenskostenvorschuss (VKV)? Und wann muss ein Ehegatte die Scheidungskosten des anderen zusätzlich tragen?
Das Wichtigste in Kürze: Verfahrenskostenvorschuss
- Durch den Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss ist es möglich, die Kosten für einen Rechtsstreit von nahen Angehörigen zu verlangen.
- In der Regel besteht dieser zwischen Ehegatten, da es sich dabei um eine besondere Form des Unterhaltsanspruches handelt.
- Erst wenn kein Anspruch auf einen Verfahrenskostenvorschuss besteht, kann eine staatliche Verfahrenskostenhilfe gewährt werden.
Ausführliche Informationen zum Verfahrenskostenvorschuss erhalten Sie im nachfolgenden Ratgeber.
Den Anspruch auf Prozesskostenvorschuss bei Scheidung erheben
Inhaltsverzeichnis
Scheidung mit Prozesskostenvorschuss statt staatlicher Unterstützung finanzieren
Zum einsetzbaren Einkommen, das im Rahmen eines Familienverfahrens oder anderen gerichtlichen Prozessen für die Kostentilgung heranzuziehen ist, gehört auch der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss (nach § 115 ZPO – Zivilprozessordnung). Damit kann eine nahverwandte Person für die Kosten in Haftung genommen werden.
Hat damit im Scheidungsverfahren einer der Ehegatten einen generellen Anspruch auf eine entsprechende Vermögensleistung von seinem getrennt lebenden Partner, gilt er damit nicht mehr als bedürftig im Sinne der Verfahrenskostenhilfe (VKH).
Stellt ein geringverdienender Ehegatte dann einen Verfahrenskostenhilfeantrag, um so Gerichts- und Anwaltskosten zu decken, kann das Gericht diesen zurückweisen mit der Begründung, dass der andere Verfahrensbeteiligte über ausreichend finanzielle Mittel verfügt und ihm gegenüber ein Anspruch auf Leistung von Verfahrenskostenvorschuss bestünde.
Der Antragsteller hat dann eigenständig dafür Sorge zu tragen, dass er den Verfahrenskostenvorschuss bei seinem Ehegatten einfordert.
Generell besteht bereits vor Beantragung von Verfahrenskostenhilfe für den Antragsteller die Pflicht, nachzuweisen, dass er keine Forderungen oder Ansprüche auf Prozesskostenvorschuss bei der Gegenseite stellen kann.
Im Übrigen: Im Familienrecht ist der korrekte Terminus „Verfahrenskostenvorschuss“, da mit der Familienrechtsreform im Jahre 2008 auch die Sprache angepasst wurde: Aus Prozessen wurden Verfahren, aus Klägern Antragsteller usf.
Verfahrenskostenvorschuss als Unterhaltsleistung
Nicht nur im Sinne der ZPO, auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist die Zulässigkeit der Anspruchstellung gegenüber dem Ehegatten festgeschrieben. Die Stellung eines Prozesskostenvorschusses fällt hierbei in die Unterhaltspflicht hinein, die Ehegatten bei Eheschluss füreinander eingehen.
„Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht.“ (§ 1360a Absatz 4 BGB)
Dabei ist die Kostenübernahme für sämtliche gerichtliche Verfahren – etwa auch im Strafrecht – verpflichtend, sofern die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen dies zulassen.
Billigkeit des Verfahrens
Grundlegend muss – ebenso wie bei der Verfahrenskostenhilfe – die „Billigkeit“ des Verfahrens geboten sein. Vor allem die Erfolgsaussicht und Rechtsgültigkeit des Verfahrens sind hierbei zu prüfen.
Verlangen Sie in einem laufenden Verfahren etwa von Ihrem Ehegatten einen Prozesskostenvorschuss, um den Kindesunterhalt per Antrag im Scheidungsverbund ebenfalls beschließen zu lassen, kann dieser gegebenenfalls auch abgelehnt werden. Dies dann, wenn der Antrag jeglicher rechtlichen Grundlage entbehrt (hinsichtlich berechnetem Unterhalt usf.) oder aber der Antragsgegner finanziell überhaupt nicht in der Lage ist, einen Kindesunterhalt zu leisten (ALGII-Empfänger usf.).
Die Aussicht auf Erfolg geht dann gegen Null und hebt die Berechtigung auf, Verfahrenskostenvorschuss oder Verfahrenskostenhilfe zu beanspruchen. Wird der Antrag dennoch eingereicht und erwartungsgemäß abgelehnt, müssen Sie dann nicht nur die dafür zusätzlich entstandenen Gerichtskosten, sondern auch die entsprechenden Anwaltskosten der Gegenseite selbst zahlen.
Prozesskostenvorschuss – Ehegatte muss leistungsfähig sein
Grundsätzlich ist ein Verfahrenskostenvorschuss bei Leistungsfähigkeit des Zahlungspflichtigen beanspruchbar. Auch hier ist der Selbstbehalt des Pflichters zu berücksichtigen. Handelt es sich dann um ein durchschnittliches Einkommen, kann bei gleichzeitiger Zahlung von Trennungsunterhalt die Leistungsfähigkeit des Ehegatten zur Leistung von VKV eingeschränkt, wenn nicht gänzlich aufgehoben sein.
Ist das Einkommen des Antragsgegners jedoch wesentlich höher, kann zusätzlich zum Trennungsunterhalt noch der Verfahrenskostenvorschuss für das Scheidungsverfahren verlangt werden, da der Selbstbehalt noch nicht erreicht ist.
Prozesskostenvorschuss – Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein
- Bedürftigkeit bzw. nicht ausreichende eigene finanzielle Mittel für die Finanzierung vorhanden
- Billigkeit des Verfahrens
- Leistungsfähigkeit des Ehegatten
Wann müssen Sie Verfahrenskostenvorschuss geltend machen?
Wie bereits angemerkt sind Sie verpflichtet, im Rahmen des Verfahrenskostenhilfeantrages nachzuweisen, dass Ihre finanziellen Verhältnisse nicht genügen, um die Kosten des Scheidungsverfahrens allein zu tragen. Teil des Einkommens ist dabei auch ein genereller Anspruch gegenüber dem Ehegatten. Wäre dieser finanziell in der Lage, für die Scheidung einen Prozesskostenvorschuss zu leisten, zählt dies in den Unterhaltsanspruch hinein.
Diesen müssen Sie gegenüber Ihrem Ehegatten geltend machen. Unerheblich, ob er den geltend gemachten Betrag dann zahlt oder nicht: Ist er potentiell dazu in der Lage, einen Verfahrenskostenvorschuss zu leisten, steht er damit in der Pflicht – die Verfahrenskostenhilfe bleibt Ihnen damit in aller Regel verwehrt.
Einen Anspruch auf Unterhaltsleistung in Form von einem Verfahrenskostenvorschuss können Sie lediglich während oder vor einem laufenden Verfahren geltend machen. Nachträglich ist dies nicht mehr möglich.
Daraus ergibt sich auch, dass mit Abschluss des Verfahrens und mit Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses keine Ansprüche auf Verfahrenskostenvorschuss mehr geltend gemacht werden können.
Verfahrenskostenvorschuss in Raten zahlen?
Eine Ausnahme hinsichtlich der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist dann anzusetzen, wenn der zur Leistung von Prozesskostenvorschuss verpflichtete Ehegatte aufgrund seiner finanziellen Stellung diesen nur in Raten leisten kann.
In diesem Fall kann Verfahrenskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt werden. Die Höhe der Raten richtet sich dann in aller Regel nach den zahlbaren Raten des Ehegatten, der den Verfahrenskostenvorschuss leisten muss.
Im Grunde handelt es sich dann um ein Mischverhältnis von VKH und VKV: Das bewilligte, staatliche Prozessfinanzierungsdarlehen wird durch den Verfahrenskostenvorschuss umgehend beglichen.
Verfahrenskostenvorschuss zurückfordern – Ist das überhaupt möglich?
Nun stellt sich die Frage, ob der Antragsgegner den verauslagten Kostenvorschuss von dem Berechtigten über kurz oder lang auch wieder zurückfordern kann. Die Bezeichnung „Vorschuss“ schließt in der Regel eine potentielle Rückzahlung ja mit ein.
Da es sich nun jedoch beim Verfahrenskostenvorschuss um eine Form von Unterhalt handelt, zu der die Ehegatten gegenseitig verpflichtet sind, kann dieser, ebenso wie andere Unterhaltsleistungen, in aller Regel nicht zurückgefordert werden.
Den Prozesskostenvorschuss berechnen
Der Prozess- bzw. Verfahrenskostenvorschuss richtet sich nach den vorab ermittelten und erwartbaren Gerichts- und Anwaltskosten. Diese wiederum werden nach Kenntnis des vorläufigen Verfahrenswertes berechnet. Aus diesem ermittelt das Gericht den sogenannten Gerichtskostenvorschuss, der Anwalt seine vorläufigen Kosten.
Ist das Verfahren abgeschlossen, die Scheidung rechtskräftig, kann im Kostenfestsetzungsverfahren der abschließende Verfahrenswert berechnet und festgeschrieben werden. Hierauf erfolgt die Neuberechnung der abschließenden Gerichts- und Rechtsanwaltskosten. Diese werden mit den bereits gezahlten Summen verrechnet. Die Differenz ist im Nachgang auszugleichen.
Beispielberechnung
(Vorläufiger)Verfahrenswert: 65.000 Euro
Gerichtskosten(vorschuss): 5.667,25 Euro
Anwaltskosten(vorschuss): 1.332,00 Euro
Verfahrenskosten = Verfahrenskostenvorschuss: 6.999,25 Euro
Die Geltendmachung eines Verfahrenskostenvorschusses erfolgt auf Antrag bei dem zuständigen Familiengericht – in der Regel per einstweiliger Anordnung.