Wohnwertvorteil – Anrechnung des Wohnwertes auf unterhaltsrelevantes Einkommen

Von Dr. Philipp Hammerich

Letzte Aktualisierung am: 6. Februar 2025

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Headerbild Wohnwertvorteil

Nach erfolgter Trennung und auch noch nach rechtskräftiger Scheidung können Unterhaltsansprüche eines Ehegatten gegenüber dem anderen bestehen. Im Rahmen der Unterhaltsberechnung taucht auch häufig der sogenannte Wohnwertvorteil auf. Worum aber handelt es sich hierbei genau? Und wem kann der Wohnwert beim Unterhalt angerechnet werden?

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Das Wichtigste in Kürze: Anrechnung vom Wohnwertvorteil

Was bedeutet ein Wohnvorteil?

Der Wohnwertvorteil beschreibt den Zustand, dass nach einer Trennung ein Ehegatte meist aus der gemeinsamen Immobilie auszieht und zur Miete wohnt. Der verbleibende Ehegatte hat aufgrund des mietfreien Wohnens einen vermögenswerten Vorteil.

Wir der Wohnvorteil beim Unterhalt angerechnet?

Ja! Beim Unterhalt wird der Wohnwertvorteil dem relevanten Einkommen hinzugerechnet und wird somit bei der Berechnung vom Unterhalt berücksichtigt.

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Veränderter Anspruch auf Unterhalt aufgrund Wohnvorteil

Was genau beschreibt der Wohnwertvorteil?

Beim Unterhalt kann der Wohnwertvorteil eines Ehegatten eine große Rolle spielen.
Beim Unterhalt kann der Wohnwertvorteil eines Ehegatten eine große Rolle spielen.

Sind scheidungswillige Ehegatten im Besitz einer gemeinsamen Immobilie, treten nicht nur hinsichtlich der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung über Wohnung oder Haus Probleme auf. Ob die Immobilie nun aber zum gemeinsamen oder dem alleinigen Eigentum eines Ehegatten zählt: Derjenige, der in der Wohnung bzw. dem Haus nach der Scheidung wohnen bleibt, hat häufig einen Wohnvorteil gegenüber dem anderen.

Der Wohnwertvorteil meint im Grunde, dass das mietfreie Wohnen in einem Eigenheim diesem Bewohner einen vermögenswerten Vorteil verschafft, während dessen ausgezogener Ehegatte hingegen häufig wieder Miete zahlen muss und so benachteiligt ist.

Aus diesem Grund werden beim Trennungs- und Ehegattenunterhalt entsprechende Vorteile auch bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt.

Wie wird der Wohnvorteil beim Unterhalt einbezogen?

Lebt nach der Trennung oder Scheidung nur noch einer der beiden Ehegatten in der gemeinsamen Immobilie, für die er selbst keine Miete entrichten muss, so ist er im Vorteil gegenüber seinem geschiedenen Partner. Am Ende kann ein entsprechender Wohnwertvorteil beim Unterhalt sowohl dem Berechtigten als auch dem Schuldner zugute kommen. Beim Unterhalt wird der Wohnwertvorteil dem jeweiligen unterhaltsrelevanten Einkommen – dem bereinigten Nettoeinkommen – hinzugerechnet.

Dabei ist es unerheblich, welcher der Beteiligten eventuelle Finanzierungslasten für das Haus trägt. Die folgenden Konstellationen sind damit möglich:

  1. Der in der Immobilie verbleibende Ehegatte trägt die Kreditlast selbst: Der Wohnwertvorteil des Bewohners verringert sich um die monatliche Belastung für die Kredittilgung.
  2. Der Ehegatte, der nicht in der Immobilie verbleibt, übernimmt auch weiterhin die volle Ableistung der Finanzierungslasten: Die Raten für den Hauskredit kann der Zahlende dabei von seinem unterhaltsrelevanten Einkommen abziehen. Dem anderen in dem Haus verbleibenden Ehegatten hingegen wird der ihm entstehende Wohnvorteil beim Unterhalt voll angerechnet.
Diese vollumfänglichen Abzüge sind jedoch nur während der Trennungszeit möglich. Mit Einreichung des Scheidungsantrages können lediglich noch die Zinsen der Finanzierungslasten in Abzug gebracht werden.

Wie lässt sich der Wohnwert beim Unterhalt beziffern?

Anspruch auf Unterhalt und Wohnvorteil: Die Berechnung richtet sich nach dem Einzelfall.
Anspruch auf Unterhalt und Wohnvorteil: Die Berechnung richtet sich nach dem Einzelfall.

Grundsätzlich ist hierbei zwischen dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt zu unterscheiden: Während ab der Antragstellung der volle Wohnwert anzurechnen ist, gilt es für die Zeit der Trennung und den dabei anfallenden Unterhaltsanspruch einen angemessenen Wohnwert anzusetzen:

  1. beim Trennungsunterhalt: Der in Haus oder Wohnung verbleibende Ehegatte will die Immobilie vielleicht gar nicht auf ewig behalten und im Rahmen der Scheidung sogar die Veräußerung anstreben. Während des laufenden Verfahrens kann ihm daher nicht automatisch beim Trennungsunterhalt der gesamte Wohnwert der Immobilie zur Last gelegt werden, sondern nur ein Wohnwertvorteil, wie er sich für eine angemessene Wohnung ergäbe.
  2. beim nachehelichen Unterhalt: Bewohnt der Ehegatte die Immobilie auch nach der Scheidung alleine, kann ihm hingegen der volle Wohnwert angerechnet werden.

Der jeweilige Wohnwert ergibt sich dabei in aller Regel aus den marktüblichen Mietkosten für entsprechende Objekte.

Im Folgenden zur Veranschaulichung ein paar Beispiele (für ein bereits abbezahltes und unbelastetes Objekt):

Berechnung: Unterhaltsberechtigter verbleibt in Eigentumswohnung oder Haus

Zugrunde zu legen ist der Wohnwertberechnung beim Unterhalt während der Trennung häufig, dass üblicherweise etwa ein Drittel des Nettoeinkommens auf die Mietzahlung verwendet wird.
Trennungsunterhalt

Auf das Einkommen angerechnet wird dem in der Immobilie verbleibenden Unterhaltsberechtigten A ein angemessener Wohnwertvorteil für eine ihm genügende Wohnung – hier in Höhe von 400 Euro.

Einkommen Ehegatte A
Wohnwertvorteil
Anrechenbares Einkommen A
Einkommen Ehegatte B
Differenz
Unterhaltsanspruch A (3/7 der Differenz)

1.200 Euro
400 Euro
1.600 Euro
2.500 Euro
900 Euro
386 Euro

Durch die Anrechnung vom Wohnwert wird der Unterhalt, den B am Ende an A entrichten muss, also geringer, da sich die Einkommensdifferenz insgesamt verringert.

Nachehelicher Unterhalt

A bleibt auch nach der rechtskräftigen Scheidung allein in der Immobilie wohnen. Nunmehr ist ihm jedoch der volle Wohnwert anzurechnen, den ein entsprechendes Objekt auf dem Wohnungsmarkt an Mietzahlungen generiert – hier in Höhe von 1.300 Euro. Damit ergibt sich für den nachehelichen Ehegattenunterhalt folgende Berechnung:

Einkommen Ehegatte A
Wohnwertvorteil
Anrechenbares Einkommen A
Einkommen Ehegatte B
Differenz
Unterhaltsanspruch A (3/7 der Differenz)

1.200 Euro
1.300 Euro
2.500 Euro
2.500 Euro
0 Euro
0 Euro

Der Wohnwert beim nachehelichen Unterhalt richtet sich nach den ortsüblichen Mietpreisen.
Der Wohnwert beim nachehelichen Unterhalt richtet sich nach den ortsüblichen Mietpreisen.

Der Wohnvorteil bewirkt beim Unterhalt mitunter also auch, dass Ansprüche auf Unterhaltsleistungen komplett aufgehoben werden können. Theoretisch kann sich dadurch sogar die Unterhaltssituation komplett drehen.

Berechnung: Unterhaltsschuldner verbleibt in Eigentumswohnung oder Haus

Trennungsunterhalt

Angenommen, Ehegatte B verbliebe nun in dem Wohneigentum und würde dadurch mietfrei wohnen, der unterhaltsberechtigte Partner A hingegen zieht in eine Mietwohnung. Der B anzurechnende Wohnvorteil während der Trennung entspricht 800 Euro, aufgrund der Höhe seines Grundnettoeinkommens:

Einkommen Ehegatte B
Wohnwertvorteil
Anrechenbares Einkommen B
Einkommen Ehegatte A
Differenz
Unterhaltsanspruch A (3/7 der Differenz)

2.500 Euro
800 Euro
3.300 Euro
1.200 Euro
2.100 Euro
900 Euro

In diesem Fall würde sich damit der Unterhaltsanspruch für A sogar erhöhen, da B einen Wohnvorteil besitzt.

Nachehelicher Unterhalt

Beim Ehegattenunterhalt muss B nun den vollen Wohnwert auf den Unterhalt anrechnen lassen, sodass sich der Unterhaltsanspruch von A weiter erhöhen kann:

Einkommen Ehegatte B
Wohnwertvorteil
Anrechenbares Einkommen B
Einkommen Ehegatte A
Differenz
Unterhaltsanspruch A (3/7 der Differenz)

2.500 Euro
1.300 Euro
3.800 Euro
1.200 Euro
2.600 Euro
1.114 Euro

Grundsätzlich können Sie sich für die genaue Berechnung der Unterhaltszahlungen an einen Rechtsanwalt für Familienrecht wenden. Dieser kann Sie auch hinsichtlich der Regelungen zum Wohnwertvorteil beraten.

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Über den Autor

Dr Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich hat ein Jura-Studium an der Universität Hamburg abgeschlossen. Danach absolvierte er sein Referendariat beim Oberlandesgericht in Hamburg. Als Autor für scheidung.org beantwortet der seit 2007 zugelassene Rechtsanwalt unterschiedlichste Fragen aus dem Familienrecht.

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Kommentare

  1. Lehmann sagt:

    Ich habe aufgrund von Streitigkeiten (patchwork) mein alleinig gehörendes Haus an meinen Sohn verschenkt. Mein Ehemann hat zugestimmt. Wir haben beide das Wohnrecht bis zum Lebensende. Er mußte auf Zugewinn verzichten.
    Nun kommt es seit Jahren zu dieser Vereinbarung zu Streitigkeiten, vermutlich wollte er Erben und weitervererben. Es gibt zwischen uns kein Gespräch, da er jegliches Gespräch blockiert.
    ich würde mich gern Trennen aber nicht scheiden lassen. Aber meine Rente reicht nicht, für alleinige und künftige Lebenshaltung.
    Während er aufgrund der Vereinbarung die finanziellen Vorteile nutzt und ca. 3/1 an Rente bezieht, Lehnt er meine Forderung 2/2 ab. er würde ja schon alle Nebenkosten bezahlen. (laut seiner Auskunft (ohne Nachweis) betragen diese gesamt 800-850 Euro monatlich. Während seine Rente annähernd 3000 beträgt, hat er monatliche Ersparnisse (welche er meiner kostenlosen Haushaltsführung etc. hat) und möchte nichts davon abgeben. Ich habe keine Möglichkeit auf sein Konto oder Ersparnisse zugreifen zu können, so auch keine Absicherung für den Erlebens- oder Todesfall, Konto oder Ersparnisse. Mein Mann sitzt den ganzen Tag, liest oder sieht fern. aber er redet nicht, er antwortet nicht. Ein Fall für mich zum Psychiater? Wie kann ich mich wehren, was kann ich tun?

  2. Susann sagt:

    Kann der Ehepartner auch einen Wohnwertvorteil fordern wenn er selbst an dieser Wohneigentum noch einen Zweitwohnsitz angemeldet hat?

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